Reiseliteratur weltweit

Geschichten rund um den Globus

1871 - Johann Stanislaus Kubary
Schwierige Eingewöhnung
Palau

Am 1. Februar 1871 kam ich auf den Palau-Inseln an und ließ mich in Koror nieder, wo ich mich zuerst damit beschäftigte, die Ortsverhältnisse näher kennenzulernen. Gegen Ende des Monats machte ich zu diesem Zwecke eine Reise nach der Kajangle-Gruppe im Norden von Palau, wobei ich das westliche Ufer von Babeldaob besuchte, insoweit nämlich dieses nicht von Koror feindlichen Artingal-Stämmen bewohnt war. Zu dieser Reise, welche zehn Tage in Anspruch nahm, stellte mir der König von Koror zu meiner Verfügung die nötigen Fahrzeuge und Mannschaften. Am 1. März war ich wieder in Koror. Anfangs der Sprache der Eingeborenen nicht mächtig und ihre Sitten und Gebräuche nicht kennend, hatte ich eine schwierige Stellung, und ich fand bald, daß die Verhältnisse für alle Weißen hier sehr ungünstig waren... In den ersten Tagen des April wurde ich krank, da ich mich aber bald wieder erholte, so ging ich nach Aremolunguj, wo mich die Nachricht von der Ankunft des Schiffes der Herren Godeffroy & Sohn, der »Iserbrook«, erreichte, worauf ich nach Koror zurückging. Dieses Schiff versorgte mich mit Lebensmitteln und anderen Bedürfnissen zu meinen Unternehmungen. Da das Schiff wieder fortging, so mußte ich dahin streben, hier allein und auf eigenen Füßen stehen zu können. Daher suchte ich zunächst die Sprache der Eingeborenen zu erlernen und mir eine Einsicht in ihre Verhältnisse zu verschaffen... Korror hat mit Hilfe der Weißen die Völker der Nordinsel niedergedrückt und teilweise ausgerottet, obwohl diese Völker viel höher standen als die Eingeborenen von Koror. Heute noch zu erblickende Spuren beweisen dieses, am meisten aber der Umstand, daß das faule und indolente Koror bloß durch unsere Schiffe aufrecht gehalten wird und nie eine Industrie hatte. Das Geld, Tongeschirre, Canoes, Netze. Öl, Sirup, Schweine usw., alles kam und kommt noch heute vom Norden... Meine Verhältnisse zu den Eingeborenen sind seit der letzten Zeit unverändert dieselben geblieben. Die einmal errungenen Vorteile habe ich behauptet und meine persönliche Sicherheit ist nicht gefährdet, selbst wenn das Schiff noch lange ausbleiben sollte. Behaglich nach unsern Begriffen ist übrigens mein Aufenthalt nicht, denn wer möchte gern allein in der Mitte dieser Wilden leben, deren gutes Betragen nur nach langem Ringen erzwungen wurde. Das Band, das die Eingeborenen an mich bindet, ist die Furcht und das Gefühl ihrer eigenen Schwäche. Leider fand ich die Einwohner von Koror nicht so, wie sie Wilson im Jahre 1783 schildert. Mir gegenüber waren sie durchaus kein ornament of mankind, sie waren durch die Ermordung von Cheyne frech geworden und dann vielleicht durch die Behandlung der Weißen habgierige Spekulanten...

Kubary, Johannes Stanislaus
Die Palau-Inseln
Journal des Museum Goeffroy, Hamburg 1873

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