Reiseliteratur weltweit

Geschichten rund um den Globus

1778 - H. Zimmermann, Matrose, auf der dritten Reise von Cook
Die Entdeckung von Hawaii

   Zum Glück [das Wasser wurde knapp] entdeckten wir am 20. Januar auf ungefähr 22 Grad nördlicher Breite und 225 östlicher Länge eine Insel, die hohes Land hat; und die machte uns gleich Mut, daß wir hier frisches Wasser bekommen würden. Viele Einwohner kamen uns in ihren Kähnen entgegengefahren. Es waren die schönsten Leute, die wir unter allen wilden Nationen gesehen; wir suchten sie mit freundschaftlichen Zeichen und Vorzeigen verschiedener Geschenke an das Schiff zu locken. Anfänglich weigerten sie sich, und aus ihrer über die Schiffe gezeigten großen Verwunderung konnten wir annehmen, daß diese Leute noch nie zuvor Schiffe gesehen hatten. Einer von ihnen wagte es endlich, dicht zu uns an die Schiffe zu kommen, und als dieser mit einem roten Stück Tuch beschenkt wurde, folgten verschiedene von seinen Landsleuten ihm nach. Diese nahmen auch gleich Geschenke an; und als wir ihnen die lebendigen Schweine auf dem Schiffe, die wir von Tahlti mitgebracht, vorgezeigt hatten, riefen sie gleich aus: booa! Hieraus und aus ihren übrigen Reden konnten wir gleich entnehmen, daß hier eine Sprache üblich sei, die nicht sehr unterschiedlich von der in Tahiti ist. Sie wiesen auch gleich auf das Land und deuteten uns an, daß sie auch dergleichen Schweine hätten. Sie verstanden auch gleich, daß, wenn sie uns Schweine brächten, uns solche sehr willkommen seien. Einige von ihnen begaben sich gleich an Land und brachten uns einige Schweine zum Geschenk, ohne die geringste Vergeltung dafür zu fordern. Inzwischen wurden sie noch vertrauter mit uns und kamen auch zu uns auf die Schiffe, wo wir dann erfuhren, daß die Insel den Namen Nihau habe und man auch in der Nähe frisches Wasser holen könne.
   Inzwischen, als Herr Cook drei Boote ausheben ließ, um frisches Wasser einzunehmen, entwendete einer der Wilden an Bord der Resolution aus der Küche das Küchenmesser, sprang damit über Bord, und eilte mit seinem Kahn dem Lande zu. Wir verfolgten ihn mit den eben ausgehobenen Booten, konnten ihn aber nicht einholen, weil er sich in die fürchterlichste Brandung gewagt hatte. Wir schossen einigemal nach ihm, trafen ihn aber zum Glück nicht. Und da die übrigen am Lande gleich bemüht waren, ihren Landsmann nebst dem Diebstahl in Sicherheit zu bringen, so konnten wir ihm die Beute nicht mehr abjagen.
   Herr Leutnant Williamson, ein Irländer, mußte auf Befehl des Herrn Cook den Auftrag, frisches Wasser aufzusuchen, mit den drei Booten ausführen; wir fanden einen bequemen Platz zu landen. In einer kleinen Entfernung vom Lande sprangen von der allda versammelten großen Anzahl Menschen wohl fünfzig in die See, hoben das Boot des Leutnants mit der Mannschaft schwebend in die Höhe, und wollten es auf dem Rücken an Land tragen. Die Mannschaft in dem Boot konnte nicht gleich fassen, ob dieses Unternehmen Freund- oder Feindschaft bedeute, und schlugen die Insulaner mit den Rudern tüchtig auf die Finger, und da sie von dieser zweifelhaften Höflichkeit dadurch nicht abstanden, auch einer dem Herrn Leutnant Williamson seine Flinte aus der Hand reißen wollte, so schoß dieser ihn auf der Stelle nieder. Die übrigen ließen gleich das Boot in das Wasser fallen, packten den Erschossenen auf und trugen ihn mit großem Geschrei in den Wald.
   Wir gingen mit den drei Booten wieder zurück und zeigten Herrn Cook den Vorfall an; dieser verwies dem Leutnant sein Verfahren derb und ging am andern Tag mit den nämlichen drei Booten und an dem nämlichen Platz an Land.
   Es war wieder eine große und weit stärkere Anzahl Menschen als tags zuvor versammelt. Herr Cook gab Befehl, daß sich niemand aus den Booten begeben sollte, gab seine Flinte einem Matrosen und stieg ganz allein, mit nur einem Hirschfänger bewaffnet, aus. Wie er den ersten Tritt an Land tat, fielen alle Anwesenden nieder auf ihr Angesicht. Cook sah sich um und lachte herzlichst darüber; er hob einige der Altesten und Vornehmsten, die sich durch ihre Kleidung unterschieden auf, umarmte sie und gab ihnen Geschenke. Die andern blieben liegen, vier davon gingen fort und brachten ihren König. Ein jeder hielt eine Handvoll Zuckerrohr wie einen Sonnenschirm über ihn.
   Der König ging ganz nahe zum Herrn Cook und verneigte sich tief vor ihm. Dieser gab ihm eine Gehänge von Glasperlen und hing es ihm um den Hals, und schenkte ihm auch einen Spiegel. Herr Cook ging ein Stück Wegs in das Land, um Wasser zu suchen, und alsdann stand erst das übrige Volk auf. Inzwischen brachten die Einwohner sehr viele Früchte und Schweine als Geschenk zu uns, so daß unsere drei Boote ganz gefüllt waren. Bei der Rückkunft des Herrn Cook gingen wir gleich wieder zurück und brachten unsere Schiffe in die Nähe jener Stelle, wo er einen kleinen fließenden Bach entdeckt hatte, vor Anker, und machten Anstalten zum Wasserfüllen. Eine andere Partie ging an Land und tauschte gegen Nägel, Spiegel, Glasperlen und Messer noch mehr Lebensmittel ein, die vorzüglich in Schweinen, Yamswurzeln, Kokosnüssen und Planteins, wovon es hier einen sehr reichlichen Überfluß gibt, bestanden.
   Die Frauenzimmer auf dieser Insel sind neben ihrem schönen Aussehen sehr gefällig, und übertrafen im einen wie im andern jene auf den Inseln des Südmeers; es wurde aber damals von Herrn Cook bei sehr schwerer Strafe aller Umgang mit diesen Schönen verboten, und sämtliches Schiffsvolk wurde sogar visitiert, und kein Mann, der nicht von unreinen Krankheiten frei war, an Land gelassen.
   In der Gegend vermutete Herr Cook gleich damals noch mehrere Inseln; weil es aber Zeit war, unsere Reise gegen Norden wegen unserer Hauptabsicht zu beschleunigen, so konnten wir uns für diesmal mit einem Besuch der übrigen Inseln und der Erforschung sonstiger Gegenstände nicht abgeben, sondern wir verschoben alles bis zu unserer Rückkehr. Zuvor gingen wir jedoch noch auf eine ungefähr drei deutsche Stunden von Nihau etwas westlich gelegene kleine Insel, weil uns die Bewohner der andern zu verstehen gegeben, daß auf dieser viele Yamswurzeln zu finden seien. Wir tauschten auch von den Insulanern viele dieser Wurzeln ein, die so groß waren, wie wir noch nirgendwo welche gefunden, die meisten wogen fünfzehn bis zwanzig Pfund.
   Herr Cook nannte sie daher die Yamsinsel, und machte dem König ein Paar Ziegen zum Geschenk.
   Am 2. Februar setzten wir ununterbrochen unsere Reise gegen die Küste des nordwestlichen Amerika fort und gingen unserer Bestimmung entgegen.

Zimmermann, Heinrich
Reise um die Welt mit Capitain Cook
Mannheim 1781

Reiseliteratur weltweit - Geschichten rund um den Globus. Erlebtes und Überliefertes aus allen Teilen der Welt. Entdecker – Forscher – Abenteurer. Augenzeugenberichte aus drei Jahrtausenden. Die Sammlung wird laufend erweitert – Lesen Sie mal wieder rein!