Reiseliteratur weltweit

Geschichten rund um den Globus

1848 - William Tecumseh Sherman
Goldrausch in Kalifornien

Wir ritten etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang in Yerba Buena ein; es gab nur einen Pfad von der Mission in die Stadt, mit tiefem Treibsand und schwer zu reiten. Mein Pferd konnte kaum noch einen Huf vor den anderen setzen, als wir das alte Hudson's-Bay-Company-Haus erreichten, das damals der Laden von Howard and Mellus war. Hier erfuhr ich, wo Hauptmann Folsom, der Quartiermeister, zu finden war.
   Sein Büro befand sich im alten Zollhaus an der Nordwestecke der Plaza. Er hatte zwei Lagerhäuser gemietet, die einzigen, die es damals gab, von einem Liedsdorff, dem wichtigsten Mann in Yerba Buena, dem auch das Gasthaus in der Kearney Street mit dem Namen City Hotel gehörte, an der Südwestecke der Plaza.
   Zu dieser Zeit (Juli 1847), hieß San Francisco noch Yerba Buena. Ein Marineoffizier, Leutnant Washington A. Bartlett, war der erste Alcalde (Bürgermeister); er ließ das Gelände vermessen und in Blocks und Grundstücke aufteilen, die zu sechzehn Dollars pro Grundstück von fünfzig Quadratvaras verkauft wurden. Keine Einzelperson sollte ein Grundstück von mehr als fünfzig Varas im Innenbereich und hundert im Außenbereich vom Bürgermeister erwerben können. Folsom hatte jedoch seine Untergebenen Grundstücke kaufen lassen, die sie ihm für wenig Geld übertrugen, so daß ihm eine ganze Menge Grundstücke gehörten. Leutnant Halleck hatte eins von jeder Sorte gekauft, ebenso wie Warner. Viele Marineoffiziere waren hatten auch Geld investiert, und Hauptmann Fulsom empfahl mir, einige zu kaufen; ich fühlte mich aber richtig beleidigt, daß er mich für so dumm hielt, Geld für Eigentum an einem solch fürchterlichen Ort wie Yerba Buena auszugeben; sein Teil der Stadt, damals Happy Valley genannt, kam mir besonders lachhaft vor. Zu der Zeit war, wie heute noch, Montgomery Street die Geschäftsstraße; sie erstreckte sich von Jackson bis Sacramento, und das Ufer der Bucht ließ kaum Platz für ein paar Häuser an der Ostseite; die öffentlichen Lagerhäuser standen auf einem Sandstrand, etwa dort, wo sich heute die Bank of California befindet, nämlich in der Nähe der Kreuzung von Sansome Street und California Street. An der Montgomery Street lagen die Geschäfte von Howard & Mellus, Frank Ward, Sherman & Ruckel, Ross & Co., und vielleicht noch ein oder zwei andere. Um die Plaza herum gab es ein paar Häuser, darunter das City Hotel und das Zollhaus, einstöckige Lehmbauten mit Ziegeldächern, die bei weitem die größten und besten Häuser in der Gegend waren. Die Bevölkerung betrug etwa vierhundert Leute, von denen die meisten Kanaken (Eingeborene aus Hawaii) waren.
   Am unteren Ende der Clay Street gab es eine kleine Werft, die bei Flut von kleinen Booten erreicht werden konnte; der Hauptlandeplatz war jedoch dort, wo einige Steine im Wasser lagen, etwa a der Stelle, wo heutzutage der Broadway auf die Battery Street trifft. Die Marine hatte im Jahr zuvor in den steilen Hang eine Plattform gegraben, wo ein paar Schiffsgeschütze standen. Diese »Battery«, nehme ich an, gab der Straße den Namen.
   Ich erinnere mich, daß eines Tages im Frühjahr 1848 zwei Männer, Amerikaner, in die Dienststelle kamen und zum Gouverneur wollten. Ich fragte sie, was sie von ihm wollten, und einer antwortet mir, sie seien gerade von Kapitän Sutter mit einem Sonderauftrag gekommen und wollten Gouverneur Mason persönlich sprechen. Ich brachte sie zum Oberst und ließ sie allein. Nach einiger Zeit kam der Oberst an seine Tür und rief mich. Ich ging hinein, und mir wurden eine Reihe auseinandergefalteter Papiere gezeigt, in denen etwa eine halbe Unze Gold lag. Mason fragte mich: »Was ist das?« Ich faßte es an und untersuchte ein oder zwei der größeren Stücke und fragte: »Ist es Gold?« Mason fragte mich, ob ich jemals Rohgold gesehen hätte. Ich antwortete, daß ich im Jahr 1844 in Georgia gewesen wäre und dort rohes Gold gesehen hätte, das aber sehr viel feiner gewesen sei und in kleinen Flaschen oder Röhrchen aufbewahrt wurde. Ich sagte auch, daß leicht festgestellt werden könnte, ob es Gold sei, erstens wegen der leichten Formbarkeit, und zweitens mit Säuren. Ich nahm ein Stück zwischen die Zähne, und der metallische Glanz war perfekt. Ich rief dann den Schreiber, Baden, damit er eine Axt oder ein Beil vom Hof brächte; als er damit kam, nahm ich das größte Stück und klopfte es flach; es war ohne Zweifel ein Metall, und zwar ein reines Metall. Aber wir maßen dem wenig Bedeutung zu, denn es war bekannt, daß es in San Fernando, im Süden, Gold gab, wurde aber nicht für besonders wertvoll gehalten.
   Oberst Mason händigte mir dann einen Brief von Kapitän Sutter aus, an ihn adressiert, in dem er, Sutter, angab, er sei dabei, eine Sägemühle zu bauen in Coloma, etwa vierzig Meilen den American Fork von seinem Fort New Helvetia hinauf; zum allgemeinen Nutzen der Siedler in dieser Gegend hatte er erhebliche Summen ausgegeben, und wolle ein Vorkaufsrecht für den Teil des Landes, auf dem die Mühle stand, und zu dem auch der Abfluß gehörte, in dem genau dieses Gold gefunden worden war. Mason befahl mir, einen Antwortbrief zu formulieren und ihm zur Unterschrift vorzulegen. Ich schrieb den Brief und konstatierte, daß Kalifornien noch eine mexikanische Provinz sei und wir nur Besatzungstruppen; daß US-amerikanisches Recht deshalb nicht anwendbar sei, schon gar nicht im Bodenrecht; dazu sei sei eine offizielle Vermessung nötig. Deshalb sei es dem Gouverneur unmöglich, ihm, Sutter, Besitzrechte zu versprechen; aber, da es ja im Umkreis von vierzig Meilen keine Siedlung gab, sei es unwahrscheinlich, daß ihm jemand das Land streitig machen würde. Oberst Mason unterschrieb den Brief, gab ihn einem der Männer, die die Goldproben gebracht hatten, und sie verließen uns.
   Dieses Gold war das erste, das in der Sierra Nevada gefunden wurde und bald das ganze Land umwälzte und sogar die ganze bewohnte Welt in Aufruhr versetzte.
   Mit Fortschreiten des Frühjahrs und des Sommers 1848 liefen schneller und immer schneller Berichte ein von den Goldminen bei Sutter's Sägemühle. Geschichten von großartigen Entdeckungen erreichten uns und verbreiteten sich im Land. Jeder sprach von »Gold! Gold!!«, bis es wie ein Fieber wurde. Einige unserer Soldaten desertierten; Leute rüsteten Wagentrecks und Lastenmulis aus, um in die Minen zu gehen. Wir hörten von Männern, die fünfzig, fünfhundert, und Tausende von Dollars an einem Tag verdient hatten, und eine Zeitlang sah es so aus, als ob jemand eine richtige Goldader finden würde. Einiges von diesem Gold begann, nach Yerba Buena zu fließen und die Handelspreise durcheinanderzubringen, insbesondere bei Maultieren, Pferden, Blechpfannen und Gerätschaften für den Bergbau. Ich blieb natürlich nicht frei von Ansteckung und überzeugte schließlich Oberst Mason, daß es unsere Pflicht sei, uns selbst kundig zu machen und der Regierung einen wahren Bericht aus eigener Anschauung zu machen.
   Gegen Ende Juni 1848 war das Goldfieber auf seinem Höhepunkt; auf Oberst Mason's Befehl bereitete ich seine Reise zu den neuentdeckten Goldminen bei Sutter's Fort vor. Ich wählte vier gute Soldaten aus, dazu Aaron, Oberst Masons's schwarze Ordonnanz, und eine gute Ausstattung an Pferden und Lastenmulis; wir nahmen den üblichen Weg nach Yerba Buena. Dort schlossen sich Hauptmann Folsom und zwei Männer unserer Gruppe an. Die erste Schwierigkeit war, die Bucht zu überqueren, um nach Sausalito zu kommen. Folsom als Quartiermeister hatte eine Art Leichter mit einem großen Segel für das Entladen von Schiffen, die nicht bis auf eine Meile an das Ufer herankommen konnten. Es dauerte fast einen ganzen Tag, diesen Leichter bis zur einzigen Werft zu bringen, und dann war das Wasser so seicht, daß der Leichter mit den Pferden an Bord nicht bei der ersten Flut aufschwamm; mit unendlich viel Mühe kam er los bei der nächsten Flut und brachte uns sicher hinüber nach Sausalito. Wir folgten in einem bequemeren Schoner. Nachdem unsere Pferde und Maultiere sicher an Land gebracht worden waren, luden wir auf und ritten zur San Rafael Mission und hielten unterwegs bei Don Timoteo Murphy. Die nächste Tagesetappe brachte uns nach Bodega; dort lebte ein Mann namens Stephen Smith, dem die einzige dampfbetriebene Sägemühle in Kalifornien gehörte. Seine Frau war Peruanerin, und er beschäftigte eine Anzahl splitternackter Indianer mit der Herstellung von Lehmziegeln. Wir verbrachten einen angenehmen Tag bei ihm und erfuhren, daß er vor einigen Jahren auf persönlichen Rat von Daniel Webster nach Kalifornien gekommen war, der ihm gesagt hatte, daß Kalifornien zu den USA gehören würde und daß es dann ein großartiges Land werden würde.
   Von Bodega ritten wir über Petaluma nach Sonoma und verbrachten einen Tag bei General Vallejo. Von Sonoma ritten wir über Napa, Suisun, und Vacas Ranch zum Puta. In der Regenzeit ist die Ebene zwischen den Flüssen Puta und Sacramento unpassierbar, aber im Juli trocknet sie aus und wir kamen ohne Probleme hinüber auf dem Weg nach Sutters Embarcadero [Landestelle]. Wir kamen an den Sacramento; er führte viel Wasser und hatte eine tiefe und gerade Strömung. Ein indianischer Einbau war das einzige Mittel für die Überquerung. Zuerst wurden die Lasten und Sättel hinübergebracht, dann die Leute. Als alles so weit war, wurden die Pferde ins Wasser getrieben, das erste geführt von einem Mann im Kanu. Natürlich weigerten sich die Pferde und Maultiere zunächst, ins Wasser zu gehen, und wir brauchten fast einen ganzen Tag, sie hinüber zu bekommen. Und nach der Überquerung entkamen einige Tiere in den Wald und das Unterholz, das den Fluß entlang wuchs. Aber wir behielten genug, um Sutter's Fort zu erreichen, drei Meilen entfernt vom Embarcadero; dort lagerten wir am alten Teich in der Nähe des Forts. auf unsere Bitten schickte Kapitän Sutter ein paar Indianer in den Busch, die uns all unsere Tiere zurückbrachten. Zu der Zeit gab es dort oder in der Nähe kein Anzeichen von Siedlungen, außer dem Fort und einem alten Lehmhaus östlich des Forts, das das Hospital genannt wurde. Das Fort selbst bestand aus Lehmmauern, etwa zwanzig Fuß [6 m] hoch, rechteckig im Grundriß mit zweigeschossigen Blockhäusern an den gegenüberliegenden Ecken. Der Zugang war ein großes Tor, das am Tage offen und nachts geschlossen war und in dessen Nähe zwei eiserne Schiffsgeschütze standen. Innen gab es ein großes Haus mit einem Schindeldach, das als Lagerhaus diente, und an alle Mauern waren Zimmer angebaut; so war die Befestigungsmauer die äußere Mauer des Hauses. Die inneren Mauern waren auch aus Lehm. Diese Räume wurden von Kapitän Sutter selbst und seinen Leuten bewohnt. Es gab einen Hufschmied, eine Zimmerwerkstatt und so weiter, und andere Räume, in denen Frauen Decken herstellten. Sutter war der Monarch über alles, so weit das Auge reichte, und hatte die Macht, Strafen zu verhängen bis hin zur Todesstrafe; diese Macht übte er auch aus. Es gab Pferde, Rinder, wilde Schafe, und davon gab er großzügig und umsonst an alle, die es nötig hatten. Er veranlaßte, daß ein Rind und einige Schafe in unser Lager getrieben und für uns geschlachtet wurden.
   Die Goldminen machten sich bereits bemerkbar. Viele Leute lagerten, manche auf dem Hin-, manche auf dem Rückweg; alle waren voller Goldgeschichten und jeder übertraf den anderen. Wir merkten, daß Vorbereitungen für die Feier zum 4. Juli im Gange waren, der kurz bevorstand, und wir stimmten zu, so lange zu bleiben, um zu den Feierlichkeiten unseren Teil beizutragen; als hohe offizielle Persönlichkeiten waren wir die Ehrengäste. Von weither kamen die Leute, um bei dieser Feier zu 4. Juli dabei zu sein, und Tische waren in der großen Halle im Lagerraum des Forts vorbereitet. Ein Mann von Ansehen mit Namen Sinclair saß der Tischgesellschaft vor, und nach einem reichlichen Mahl und einer angemessenen Versorgung mit Schnaps begannen wir mit den Trinksprüchen. Ich erinnere mich nur daran, daß Folsom und ich für unsere Gruppe sprachen; andere, auch Kapitän Sutter, hielten Reden, und bevor das Fest vorbei war, war Sutter ganz begeistert, und an manch einem zeigte sich die Wirkung des Schnapses.
   Am nächsten Tag, dem fünften Juli 1848, setzten wir unsere Reise zu den Minen fort und kamen nach einem Ritt von fünfundzwanzig Meilen, der so heiß und staubig war wie nur möglich, bei Mormon Island an. Ich habe schon erwähnt, daß das erste Gold im Abfluß der Sägemühle von Coloma gefunden worden war, vierzig Meilen oberhalb von Sutter's Fort, oder fünfzehn Meilen oberhalb von Mormon Island, im Bett des American Fork des Sacramento River. Es scheint, daß Sutter einen Amerikaner mit Namen Marshall als Mühlenbauer beschäftigt hatte, aber Marshall behauptete später, daß sie in Sachen Sägemühle Geschäftspartner gewesen seien. Wie dem auch sei, Marshall und die Familie Wimmer lebten in Coloma, wo die Kiefern das beste Material für Bauholz lieferten. Er hatte vier Weiße, Mormonen, unter sich, und einige Indianer. Die waren damit beschäftigt, Holz zu behauen, einen Mühlendamm zu bauen und eine Sägemühle zu errichten. Marshall als der Architekt hatte das Mühlenrad gemacht und in Bewegung gebracht, und auch einige größere Teile der Maschinerie für eine normales Sägegatter eingebracht.  
   Arbeitskräfte waren knapp und teuer und mußten bestmöglichst eingesetzt werden. Die Mühle wurde oberhalb von einem trockenen Kanal des Flusses gebaut, der als Abfluß vorgesehen war. Nach dem Errichten von Zufluß, Damm und Mühlenrad ließ er Wasser ein, um die Güte seiner Maschinerie auszuprobieren. Sie arbeitete sehr gut, bis sich herausstellte, daß der Ablauf das Wasser nicht schnell genug abfließen ließ. So ließ er seine Männer den Ablauf grob ausräumen. Sie machten eine Art Graben in der Mitte des trockengelegten Kanals und warfen die größeren Steine beiseite. Dann wurde das Wasser wieder eingelassen und seine Gewalt wusch die Erde fort; damit sparte man Arbeit. Dies wurde mehrere Male wiederholt; es funktionierte genauso wie das, was die Goldgräber später »Long Tom« nannten. Als Marshall selber im Graben arbeitete, sah er kleine Stücke von gelbem Metall und sammelte sie auf, und plötzlich kam ihm die Idee, daß das Gold war. Nachdem er ungefähr eine Unze eingesammelt hatte, eilte er hinunter zum Fort, um Kapitän Sutter über seine Entdeckung zu berichten.
   Kapitän Sutter selbst erzählte mir Marshalls Bericht und erzählte auch, wie er eines Tages im Februar oder März 1848 in seinem Zimmer im Fort saß und ein Klopfen an der Tür hörte. Er rief »Herein«. Herein kam Marshall, der sowieso zumindest halbverrückt war, nun aber wirklich wild aussah. »Was ist los, Marshall?« Marshall fragte, ob jemand in Hörweite war, und untersuchte den Raum und sah unter das Bett; da bekam Sutter es mit der Angst zu tun, daß bei der Sägemühle ein Unglück geschehen sein könnte, und bewegte sich in Richtung Tür und fragte dabei, was denn los sei. Schließlich berichtete er von seiner Entdeckung und legte Kapitän Sutter die Goldstückchen vor, die er im Graben aufgelesen hatte. Zunächst hielt Sutter die Sache nicht für wichtig und sagte Marshall, er solle zur Mühle zurück und nichts von seinem Fund Mr. Wimmer oder irgend jemandem sonst erzählen. Aber, da es das Land dort wertvoller machen könnte, sandte er uns, wie ich bereits erwähnt habe, die zwei Männer ins Hauptquartier nach Monterey, mit dem Antrag auf Landrechte in Coloma.
   Marshall kehrte zur Mühle zurück, brachte es aber nicht fertig, seinem wunderbaren Graben fernzubleiben, und irgendwie erfuhren die anderen dort beschäftigten Leute sein Geheimnis. Nun wollten sie Gold suchen, und Marshall drohte, sie zu erschießen, wenn sie es versuchten. Aber die Männer waren klug genug um zu wissen, daß, wenn es »placer-gold« [Waschgold] in Coloma gab, es auch weiter stromab zu finden wäre, und sie »prospektierten«, bis sie schließlich Mormon Island erreicht hatten, fünfzehn Meilen stromab, wo sie eine der reichsten Stellen der Welt fanden. Diese Männer erzählten das anderen Mormonen, die Kapitän Sutter mit dem Bau einer Getreidemühle noch weiter unten am American Fork beschäftigte, sechs Meilen oberhalb seines Forts. Alle verlangten höhere Löhne, was Sutter zugestand, bis sie zehn Dollar pro Tag wollten; das lehnte er ab, und die beiden Mühlen, in die er so viel Geld gesteckt hatte, wurden niemals fertig und verrotteten.
   Sobald sich herumgesprochen hatte, daß der Gouverneur da war, kamen Leute zu uns und erzählten uns freiwillig alles mögliche und zeigten uns Goldproben; das Gold war von der gleichen Art, »Scale-Gold«, hellglänzend und wunderschön. Viele verschiedene Formen wurden in den kleinen Schluchten in der Umgebung gefunden, aber das Gold aus dem Flußbett war alles »Scale-Gold«. Ich erinnere mich, daß Mr. Clark im Lager war und mit Oberst Mason über allgemeine Dinge sprach; dann fragte er: »Gouverneur, wie kommt Sam Brannan dazu, hier Abgaben zu verlangen?« Clark gab zu, daß Brannan das Oberhaupt der Mormonenkirche in Kalifonien sei, und stellte einfach Brannan's Recht infrage, als Hoher Priester den Mormonen reguläre Abgaben aufzuerlegen. Oberst Mason antwortete: »Es ist Brannan's gutes Recht, diese Steuer einzutreiben, wenn Ihr dumm genug seid, sie zu bezahlen.« »Dann«, sagte Clark, »werde ich zumindest nicht länger zahlen.« Oberst Mason fügte hinzu: »Dies öffentliche Land und das Gold ist im Besitz der Vereinigten Staaten; jeder von Euch betritt dieses Land unbefugt; aber da die Regierung Vorteile davon habt, daß Ihr das Gold herausholt, habe ich nicht die Absicht, einzugreifen.« Später erfuhr ich, daß von da ab die Zahlungen aufhörten, aber Brannan hatte bereits soviel Geld eingenommen, daß er Sutter's Hospital mieten und dort einen Laden aufmachen konnte, mit dem er in diesem Sommer und Herbst mehr Geld als jeder andere Kaufmann in Kalifornien verdient hat. Es heißt, daß das von ihm als Steuern eingesammelte Geld die Grundlage seines Vermögens ist, das sogar für San Francisco immer noch sehr groß ist. An diesem Abend mischten wir uns unter die Goldgräber und sahen zu, die das Gold gewaschen wurde und in der Schüssel bearbeitet wurde; das ist der letzte Schritt, reines Gold von feinem Schmutz und schwarzem Sand zu trennen.
   Am nächsten Tag setzten wir unsere Reise fort, das Tal des American Fork hinauf; wir hielten an verschiedenen Lagern, wo das Goldwaschen im Gang war. Gegen Mittag erreichten wir Coloma, die Stelle, an der das erste Gold entdeckt worden war.
   Die Hügel waren höher und das Holz von besserer Qualität. Der Fluß war enger und kräftiger, und nur wenige Goldgräber arbeiteten hier, weil das Land Marshall und Sutter gehörte. Die Sägemühle stand halbfertig, Damm und Abfluß so, wie sie waren, als die Mormonen mit der Arbeit aufgehört hatten. Marshall und Wimmers Familie mit Frau und einem halben Dutzend Kinder waren da und bewachten ihren Schatz und lebten in einem Haus aus Brettern. Hier zeigte man uns viele Goldproben von gröberem Korn als das von Mormon Island.
   Am nächsten Tag überquerten wir den American River nach Norden und kamen durch viele kleine Lager in den sogenannten »Dry Diggings«. In den Flußbetten gab es kleine Wasserlöcher, und in diesen wurde der Dreck ausgewaschen; das Gold hatte jede nur denkbare Form und Größe, manche Stücke wogen mehrere Unzen. Einige dieser Plätze waren sehr reichhaltig, aber insgesamt waren die Ergebnisse weniger als am Fluß; hin und wieder traf ein Glückspilz auf eine Tasche und sammelte Gold für mehrere tausend Dollar in ein paar Tagen, und dann ging es wieder weiter mit »prospektieren«, und er gab alles wieder aus, was er gefunden hatte. Überall gab es kleine Läden mit Mehl und Speck und so weiter; alles kostete einen Dollar pro Pfund und Fleisch üblicherweise drei. Keiner zahlte für ein Unterkommen; geschlafen wurde im Freien ohne Rücksicht auf Kälte oder Regen. Wir verbrachten fast eine Woche in dieser Gegend und waren verwirrt von den großartigen fabelhaften Geschichten über neue Funde, die sich zu der Zeit auf die Zuflüsse des American River und Yuba River beschränkten. Die ganze Zeit über bekamen unsere Pferde nichts als das schüttere Gras dieser Gegend zu fressen, und wir waren gezwungen, uns auf den Weg zurück ins Tal des Scramento zu machen oder unsere Pferde eingehen zu sehen.
   Sobald wir von unserem ersten Besuch der Goldminen zurückgekehrt waren, hielten wir es für wichtig, umfassende Nachricht von dieser Entdeckung nach Haus zu schicken. Die Nachrichtenverbindungen mit den Vereinigten Staaten waren sehr unsicher, und ich schlug Oberst Mason vor, einen Spezialkurier zu senden; Leutnant Loeser war zum Oberleutnant befördert worden und hatte ein Recht auf Heimaturlaub. Und so wurde er bestimmt, die Nachricht zu übermitteln. Ich bereitete mit großer Sorgfalt den Brief vom 17. August 1848 an den Generaladjudanten vor, den Oberst Mason in einigen wenigen Einzelheiten abänderte; und da es wichtig war, nicht nur die Proben mitzusenden, die uns entlang unserer Reiseroute übergeben worden waren, riet ich dem Oberst, Hauptmann Folsom zu erlauben, ein großes Musterpaket von dem Gold, das hier allgemein gehandelt wurde, einzukaufen und dafür mit dem Geld zu bezahlen, über das er verfügte und das »Civil Fund« genannt wurde; es bestand aus den Zöllen, die in den verschiedenen Häfen von Kalifornien entrichtet wurden. Er stimmte dem zu, und Hauptmann Folsom kaufte eine Austernbüchse voll zu zehn Dollar die Unze; dies war der Kurs, zu dem es vom Zollhaus in Zahlung genommen wurde. Folsom wurde weiterhin angewiesen, eine Schiffspassage nach Südamerika zu finden, wo der Kurier einen englischen Dampfer nach Osten bis nach Jamaika erreichen konnte, mit der Zusatzvereinbarung, daß die Zahlung erhöht würde, wenn das Schiff den Oktober-Dampfer erreichte.
   Folsom charterte die Bark La Lam bayecana, Eigner und Kapitän Henry D. Cooke, der später Gouverneur des District of Columbia wurde. Sein Schiff erreichte Monterey zur rechten Zeit, und Leutnant Loeser ging mit seinem Bericht und den Proben an Bord und segelte ab. Er erreichte den südamerikanischen Kontinent bei Payta, Peru, rechtzeitig, nahm den englischen Dampfer im Oktober nach Panama, und reiste von dort weiter nach Kingston, Jamaika, wo er ein Segelschiff nach New Orleans bekam. Bei der Ankunft in New Orleans telegraphierte er dem War Department seine Ankunft; aber es gab so viele Verspätungen, daß er nicht so rechtzeitig in Washington ankam, daß die Angelegenheit noch in die übliche Verlautbarung des Präsidenten für 1848 aufgenommen werden konnte, worauf wir gerechnet hatten. Aber der Präsident machte es zum Inhalt einer Sonderverlautbarung, und so wurde »offiziell", was die Welt vorher nur in sehr unbestimmter Form erreicht hatte. Damit begann die wunderbare Entwicklung und die große Auswanderung nach Kalifornien über Land und über See von 1848 und 1850.

Memoirs of Gen. W.T. Sherman, Written by Himself
Band 1; New York 1891
Übersetzung: U. Keller

Abgedruckt in:
Keller, Ulrike (Hg.)
Reisende in den USA 1541 – 2001
Wien 2002

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