Um 1630 - Thomas Gage
Über die Schokolade
San Cristobál de las Casas
Es gaben die Weiber in dieser Stadt vor, daß sie so blöden Magens wären, dass sie unmöglich eine stille Messe, geschweige denn eine hohe Messe samt der Predigt, anhören könnten, wenn sie nicht indessen ein Glas voll heißer Chocolade trinken und etwas von Konfitüren essen könnten, ihren Magen damit zu stärken. Deshalb waren die Mägde gewohnt, mitten unter der Messe oder Predigt ihnen Chocolade in die Kirche zu bringen, welches denn ohne Getümmel und ohne die Priester oder Prediger irre zu machen nicht geschehen konnte.
Diesen Mißbrauch versuchte der Bischof mit Sanftheit abzuschaffen, vermahnte sie deshalb verschiedene Male, sich dessen zu enthalten. Als er aber sah, dass er damit nichts ausrichtete und sie es nach der alten Weise immer weiter trieben, ließ er an die Kirchentüren eine Exkommunikation anschlagen wider alle diejenigen, die während des Gottesdienstes in der Kirche zu essen oder trinken sich unterstehen würden.
Diese Exkommunikation kränkte das Weibervolk über die Maßen, besonders aber die adeligen Frauenzimmer, die öffentlich sagten, dass, wenn man ihnen nicht erlauben wollte, in der Kirche zu essen und zu trinken, sie ferner keiner Messe beiwohnen könnten.
Die vornehmsten von diesen Frauenzimmern, denen die Freundschaft zwischen dem Bischof, dem Prior und mir wohl bekannt war, kamen zu uns und baten uns, wir möchten dahin vermitteln, daß der Bischof die Exkommunikation widerrufen möchte.
Der Prior und ich taten zwar unser Bestes, den Bischof zu bereden, dass er ihnen zu Willen sein möchte, da es bereits in diesem Lande Gewohnheit sei; es sei die Schwachheit des weiblichen Geschlechtes und die Blödigkeit ihres Magens bekannt; er würde sich dadurch bei ihnen verhasst machen und man müsse sich sorgen, dass ein Aufruhr in der Kirche und der Stadt entstehen möchte, wovon wir bereits von verschiedenen Personen einige Mutmaßungen gehört hätten.
Er gab uns aber zur Antwort, dass er um der Ehre Gottes willen sein Leben für nichts achte und es sei alles, was wir ihm vorgebracht hätten, von keiner solchen Wichtigkeit, daß er deswegen das geringste wider seine Pflicht begehen sollte.
Als nun die Weiber sahen, dass er fest bei seinem Vorsatz blieb, fingen sie an, ihn nicht nur zu verachten, sondern auch öffentlich seiner und seiner Exkommunikation zu spotten, ja sie tranken ihm zum Verdruss mehr als jemals in der Kirche.
Dieses verursachte, dass eines Tages ein großer Auflauf in der Kathedrale entstand und dass viele Degen entblößt wurden, als die Priester und Kanonikus, die den Mägden die Gefäße, mit denen sie ihren Frauen die Chocolade brachten, zu nehmen sich unterstanden.
Da nun die Weiber sahen, dass der Bischof weder durch gute Worte noch durch Gewalttätigkeit gewonnen werden konnte, entschlossen sie sich, die Kathedrale zu verlassen, so dass forthin niemand mehr dort gesehen wurde, und jedermann ging in die Klosterkirche, Messe und Predigt zu hören, da die Mönche sie nach ihrer Gewohnheit leben ließen und nichts anderes taten, als sie aufs freundlichste zu ermahnen, so dass auf solche Weise die Mönche zum Schaden der Kanoniker und der Kathedrale, der niemand mehr etwas verehrte, sich bereicherten.
Es währte dieses aber nicht sehr lange. Denn der Bischof erzürnte sich über die Mönche und ließ noch eine Exkommunikation publizieren, in der er allen Einwohnern der Stadt auferlegte, in die Kathedrale zu kommen; aber die Weiber, anstatt ihm zu gehorchen, hielten sich einen ganzen Monat in ihren Häusern eingeschlossen.
Indessen wurde der Bischof gefährlich krank und nahm seine Zuflucht in das Jakobinerkloster, weil er glaubte, es würde niemand ihn besser pflegen in seiner Krankheit als der Prior. Es wurden aus unterschiedlichen Orten die Medici zu Rate gezogen; alle aber sagten einmütig, ihm sei Gift gegeben worden, und er selber erkannte es, als er starb, und bat Gott, er wolle denen, die die Ursache seines Todes wären, verzeihen und die Aufopferung seines Lebens, das er für seine und seines Hauses Ehre hergebe, wohlgefällig aufnehmen. Er lag nicht länger als acht Tage im Kloster krank und sobald er tot war, schwoll sein Leib, sein Kopf und sein Gesicht dermaßen auf, dass, wenn man seine Haut nur ein wenig anrührte, sie aufsprang und eiterte, was in Wahrheit ein Zeichen gänzlicher Fäulnis im ganzen Leib war.
Es war eine von Adel in der Stadt, die ich wohl kannte, welche einer allzu großen Vertrautheit mit einem von des Bischofs Pagen beschuldigt wurde, und man glaubte, dass diese ihm durch den Pagen ein Glas vergifteter Chocolade habe beibringen lassen.
Ich habe selbst gehört, dass sie sagte, es würden sich wohl wenig Leute über des Bischofs Tod betrüben, am wenigsten aber hätte das Weibervolk Ursache, sich zu bekümmern, und dass sie glaubte, dass, weil er so große Abscheu gegen die Chocolade, die in der Kirche getrunken worden sei, gehabt habe, ihm diejenige, die er zu Hause getrunken, wohl nicht hätte bekommen können.
Diese Geschichte gab hernach Gelegenheit zu einem Sprichwort im ganzen Land, dass man sich vor der Chocolade von Chiapas hüten müsse, und ich selbst verlangte seitdem nirgendwo welche zu trinken, wo ich mir nicht des ganzen Hauses Affection sicher war.
Es sind die Weiber in dieser Stadt sonderlich ihren Lüsten ergeben und der Teufel hat sie sonderliche Künste und Grifflein gelehrt, mit denen sie die Seelen zu Sünde verlocken und in Verdammnis zu stürzen wissen; und wenn man ihnen nicht zu Willen ist, so wissen sie sich durch ein Glas Chocolade oder mit einer Schachtel voll Konfitüren, daran man sich gewisslich zu Tode frisst, zu rächen.
Weil heutzutage die Chocolade nicht allein im ganzen westlichen Indien, sondern auch in Spanien, Italien und den Niederlanden bekannt ist und mit Gutsprechung vieler gelehrter Medici getrunken wird; wie denn insbesondere Antonio Colmenero de Ledesme, welcher selbst in Indien gewesen ist, ein besonders gelehrtes Traktat von der Natur und Eigenschaft dieses Getränkes geschrieben hat, habe ich es für ratsam erachtet, hier auch dasjenige, was ich dortzulande gehört und durch zwölfjährige eigene Erfahrung selber erforscht, anzumerken.
Der Name Chocolade ist ein indianisches Wort aus dem Wörtlein Atte, oder, wie andere, wollen, Atle, welches in der mexikanischen Sprache Wasser heißt, und aus dem Ton oder Getöse, welches das Wasser im Gefäße, darein man die Chocolade, macht, und gleichsam choko, choko, choko tut, wenn sie in dem Gefäß mit einem Quirl so lange gerührt wird, bis sie Blasen aufwirft und Schaum bekommt.
So wie nun der Name zusammengesetzt ist, so mag ich auch wohl sagen, dass die Chocolade ein Getränk ist, das aus vielerlei Ingredienzien zusammengesetzt oder gemacht wird, je nach dem unterschiedlichen Temperament derjenigen, die sich derselben bedienen.
Das vornehmste Stück aber unter allen, so dazu genommen werden, ist der Kakao, eine Art einer Haselnuss oder eines Korns, größer als ein Mandelkern, der auf einem Baum wächst, den sie den Kakao-Baum nennen, in einer großen Schale, darin öfters dreißig bis vierzig solche Kerne gefunden werden. Obwohl nun der Kakao, wie alle anderen Simplicia, aus den vier Elementen besteht, und also von selbigen alle Eigenschaften hat, so ist doch die allgemeine Meinung der Medici, dass es kalt und trocken wie das irdische Element ist und von daher eine zusammenziehende Eigenschaft habe.
Weil es aber auch an anderen Elementen teilhat und insbesondere an der warmen und feuchten Luft, so kommt daher, dass es auch Fell oder Häutchen hat, aus denen man eine Art Öl bringen kann, womit, wie ich gesehen habe, sich die kreolischen Weiber das Gesicht reiben, um eine glatte Haut zu bekommen.
Wenn die Chocolade weder gequirlt noch gerührt, noch, wie es in der Chocolade ist, mit anderen Dingen versetzt ist, sondern nur so, wie der Kakao selber in der Frucht ist, gegessen wird, welches viele Weiber der Kreolen und Indianer in Brauch haben, so verursacht es heftige Verstopfungen und macht das Angesicht bleichfarbig, wie diejenigen, so die blasse Krankheit haben, und Ton und Tünchkalk von den Mauern essen, dergleichen öfter den spanischen Weibern geschieht, damit sie ein blasses Angesicht, welche Farbe sie für sonderlich schön halten, bekommen; ungeachtet sie sich schädliche Verstopfungen damit verursachen, da der Kakao, wenn er roh gegessen, eben diese Wirkung nur darum hat, weil die Teilchen in selbigem noch nicht genügsam untereinander gemengt sind; und also diese Vermischung, wovon wir geredet haben, durch die Kunst zuwege gebracht werden muss.
Der Baum, auf welchem diese Frucht wächst, ist so zart und der Boden so heiß, dass man andere Bäume, die sie die Mutter des Kakaos nennen, um ihn her pflanzen muss, ihn vor der Sonnenhitze zu beschirmen; wenn dann diese Bäume hoch genug gewachsen sind, dass sie genug Schatten geben können, so werdend die Cacaotals oder Kakaobäume erst darunter gesetzt, damit, wenn sie aus der Erde sprossen, diese anderen Bäume sie decken und als ihre Mütter sie gleichsam nähren und von der Sonne beschützen können.
Es wächst diese Frucht nicht bloß so, sondern in eine große Schale eingewickelt oder verdeckt, wie oben gesagt; überdies ist jeder Kern besonders mit einer weißen Haut, die voller Saft ist, bekleidet. Diesen Saft saugen sie Weiber mit besonderem Vergnügen aus, weil er sehr erfrischt und erquickt und im Munde zu Wasser wird.
Es gibt zwei Gattungen Kakao, die eine ist die gewöhnlichste, von dunkler Farbe, so sich nach dem roten zieht, rund und zugespitzt. Die andere ist breiter, größer und flacher; sie heißt Patlaxe, und sie ist weiß und trocknet mehr aus als die andere, daher ist sie auch um ein gutes wohlfeiler. Diese vertreibt besonders den Schlaf mehr als die andere; daher kommt es auch, dass man diese Art nicht so häufig gebraucht wie die andere und sie nur für den gemeinen Pöbel gut ist.
Was die anderen Ingredienzien, wovon die Chocolade gemacht, betrifft, so ist ein großer Unterschied unter denselbigen; denn einige nehmen schwarzen Pfeffer dazu, was die Medici nicht gut heißen, weil er heiß und trocken ist, es wäre denn für diejenigen, die eine kalte Leber haben und ansonsten wärmender Sachen bedürfen.
Allgemein aber wird anstatt dieses Pfeffers der rote und lange Pfeffer, den man Chili nennt, genommen, der, ob er zwar im Munde hitzig ist, so doch seiner Wirkung nach kalt und feucht ist.
Hernach wird auch weißer Zucker, Ciment, Nelken, Anis, Mandeln, Haselnüsse, Orejuela [eine Blüte], Vanille, Sapoyal [Kerne der Sapote-Frucht], Pomeranzenblüten-Wasser, Bisam, und so viel Achiotte [ein Färbemittel] dazu genommen, bis alles eine ziegelrote Farbe davon bekommt.
Es müssen aber diese Ingredienzen, woraus mit dem Kakao die Chocolade gemacht wird, in gewisser Proportion genommen werden, nach dem Temperament desjenigen, der sie gebrauchen will.
Die allgemein gebräuchliche Proportion nach des Antonio Colmenero Beschreibung ist diese, dass man zu hundert Kakao-Kernen zwei Schoten Chili oder langen Pfeffer nimmt, dazu eine Handvoll Anis und Orejuela, zwei Handvoll Mesachusil oder Vanille-Blumen, oder an deren statt sechs alexandrinische Rosen, zu Pulver gestoßen, zwei Quintlein Zimt, ein Dutzend Mandelkerne, ebensoviel Haselnüsse, ein halb Pfund weißen Zucker und so viel Achiotte, als zur Farbe nötig ist. Dieser Autor hält es für dienlich, dass man Nelken, Bisam und einiges wohlriechendes Wasser dazu nehme, doch gebrauche man desselbigen viel in Indien dazu.
Andere pflegen Macis dazu zu nehmen, welches aber Blähungen macht; diese tun es nur um ihres Vorteils willen, damit sie nämlich desto mehr Chocolade bekommen mögen, denn ein Maß desselbigen von anderthalb Scheffeln kostet nicht mehr als vier Franken und ein Pfund Chocolade gilt allgemein vierzig Sols.
Der Zimt wird für das beste Stück gehalten, der hierzu kommt, und niemand lässt denselbigen außen; denn er ist warm und trocken im dritten Grad; er treibt den Harn und dient den kalten Nieren, er ist gut für die Augen und eine kräftige Herzstärkung.
Die Achiotte hat eine Kraft durchzudringen und dünne zu machen, wie es aus der indianischen Medici täglichen Erfahrung erscheint, nach der sie ihren Kranken verordnen, wenn sie die groben und dicken feuchten Dinge, die schweren Atem und Verhaltung des Urins verursachen, zerteilen und dünne machen wollen: So dass sie sie bei allerlei Verstopfungen, Engbrüstigkeit und anderen dergleichen Beschwerlichkeiten zu verordnen pflegen.
Es wächst aber die Achiotte ebenfalls auf einem Baume, der eine Frucht trägt, die in einer runden Schale einen Haufen rote Körner hat, aus welchen die Achiotte gemacht wird, indem man selbige erst zu einem Teig macht, aus welchem, wenn er ziemlich getrocknet, runde Kugeln, Klöße oder kleine viereckige Stücklein als Ziegel formt und hernach jedem, der es verlangt, verkauft.
Was den langen Pfeffer betrifft, so gibt es von demselben vielerlei Gattungen; die erste wird Chilchote genannt; die andere, die sehr klein ist, Chilterpin. Diese beide sind im Geschmack sehr scharf und beißend. Die dritte Gattung heißt Tonolchile, welche mäßig warm ist und von den Indianern mit Brot wie andere Früchte gegessen wird.
Die vierte Gattung aber, die gewöhnlich zu der Chocolade genommen wird, heißt Chilpelagua; diese hat eine sehr weite Schale und ist nicht so scharf wie die Erste, auch nicht so süß wie die Letztere.
Die Mechasuchil oder Vanille, so auch mit dazu kommt, purgiert. Diese Ingredienzien werden allgemein alle zu der Chocolade genommen, und nimmt jeder von dem einen und dem anderen so viel dazu, als ihm gut däucht. Das gemeine Volk aber, als da sind die Schwarzen und Indianer, nehmen gewöhnlich sonst nichts dazu als Kakao, Achiotte, Macis, und ein wenig Chili und Anis.
Obwohl nun der Kakao mit allen diesen hitzigen Sachen vermischt wird, so temperiert er, weil seiner weit mehr als aller anderen genommen wird, doch dieselben mit seiner Kälte, gleichwie jene hinwiederum diese mäßigen. Deshalb ist die Chocolade, wenn sie fertig ist, so kalt nicht wie der Kakao, auch nicht so hitzig wie die anderen Ingredienzien insgesamt; sondern es entsteht aus der Wirkung des einen auf das andere ein mittelmäßiges Temperament, welches vielen Mägen zuträglich und dienlich ist, sofern man es nur mit Maßen gebraucht.
Wenn man nun diese Komposition machen will, so zerstößt man den Kakao wie auch die anderen Sachen in einem steinernen Mörser oder man zerreibt sie, wie es die Indianer machen, auf einem breiten Stein, der mit Fleiß dazu gemacht ist und Metatte genannt wird. Ehe man sie aber zerstößt, lässt man sie vorher über einem Feuer wohl trocken werden, ausgenommen die Achiotte, damit man sie zu Pulver machen kann. Sie müssen aber während des Trocknens stets gerührt werden, damit sie nicht anbrennen oder schwarz werden; denn wenn sie allzu dürr werden, werden sie bitter und verlieren ihre Kraft.
Der Zimt, der lange Pfeffer und Anis müssen vorher, ehe sie mit dem Kakao vermischt werden, besonders gestoßen werden; danach zerstößt man sie von neuem, bis alles zu Pulver geworden ist; und während des Stoßens muss der Stößel fleißig gedreht werden, damit sich alles wohl durcheinander menge.
Wenn jede von diesen Ingredienzien besonders gestoßen worden ist, so wird alles zusammen in das Gefäß getan, in dem der Kakao ist, und mit einem Löffel wohl untereinander gerührt; dann tut man diesen Teig in den Mörser (unter welchem ein kleines Feuerlein sein muss, damit er nur gelinde warm davon werde, denn wenn er zu heiß wird, so vertrocknet die Fettigkeit), und stößt es wohl untereinander.
Während des Stoßens wird auch die Achiotte dazu getan, damit alles durch und durch besser gefärbt werde; es müssen auch alle Ingredienzien durch ein Sieb gerührt werden, nur der Kakao nicht.
Wenn nun alles wohl durcheinander gestoßen und inkorporiert ist, welches man daran erkennt, dass der Teig kurz wird, so nimmt man einen Teil desselben, weil er fast fließend ist, mit einem Löffel, und macht Täfelchen daraus oder man tut ihn ohne einen Löffel in Schachteln, wo er dann, wenn er kalt wird, erhärtet.
Die, die Tafeln daraus machen, tun einen Löffel Teig auf ein Papier; die Indianer aber brauchen statt des Papiers Palmitenblätter und legen sie dann an einen schattigen Ort, bis sie trocken werden; denn in der Sonne zerschmilzt und fließt es. Wenn dann das Papier oder Blatt umgewendet wird, so fällt das Täfelchen leicht herunter, weil der Teig fett ist. Wenn aber derselbige in ein irdenes oder hölzernes Gefäß getan wird, hängt es so fest an dasselbige an, dass man es schwerlich anders als durch Zerbrechen des Gefäßes herausbekommen kann.
Die Art, die Chocolade zu trinken, ist ganz unterschiedlich: Denn einige, wie zu Mexiko Brauch ist, trinken sie ganz heiß, indem sie ein Täfelchen in heißem Wasser zerlassen und dann selbiges in die Schale gießen, woraus man trinkt, und mit einem Quirl so lange quirlen, bis sie schäumt; dann füllen sie die Schale ganz voll und trinken sie schlürfend hinein.
Andere trinken sie so: Wenn sie die Chocolade in heißem Wasser haben zergehen lassen und mit einem Quirl gequirlt, bis es schäumt, so heben sie den Schaum ab und tun ihn in ein anderes Gefäß; das übrige setzen sie über ein Feuer, tun soviel Zucker dazu, als nötig ist, dass es süß wird, und wenn sie heiß genug ist, tun sie den Schaum wieder dazu und trinken sie.
Die gebräuchlichste Art aber ist, dass man das Wasser wohl heiß werden lässt, dann füllt man die Hälfte der Trinkschale damit voll, lässt darin ein, zwei oder mehr Täfelchen zergehen, bis das Wasser dick genug davon wird, dann wird es gequirlt, und wenn es genug schäumt, füllt man die Schale vollends mit heißem Wasser voll und tut so viel Zucker dazu, wie nötig ist, trinkt es, und isst ein wenig in die Chocolade eingetunkte Conserve [eingemachte oder kandierte Früchte] oder Marzipan dazu.
Es gibt außer diesen noch eine andere Manier, die Chocolade zu trinken, welche auf der Insel Santo Domingo sehr gebräuchlich ist, nämlich, man tut die Chocolade mit ein wenig Wasser in ein Gefäß, das einen Hahn hat, dann lässt man sie sieden, bis sie zergangen ist, und tut dann nach Proportion der Chocolade Wasser und Zucker dazu, lässt sie dann noch einmal sieden, bis sich ein fetter Schaum oben absetzt; alsdann wird sie getrunken.
Man kann die Chocolade auch kalt trinken; diese Art ist besonders bei den Indianern an ihren Festtagen gebräuchlich, um sich damit zu erfrischen; sie wird auf folgende Weise bereitet: Man nimmt die Chocolade, wozu fast keine oder doch sehr wenig andere Sachen außer dem Kakao gekommen sind, zerlässt sie in kaltem Wasser, und wenn sie gequirlt worden, so hebt man den Schaum oder fetten Teil, von dem sich sehr viel oben absetzt (besonders, wenn der Kakao alt ist und anfängt, zu verderben), tut ihn in eine besondere Schüssel, in das übrige tut man Zucker, und wenn er zergangen ist, gießt man sie hoch herab auf den Schaum und trinkt es so kalt.
Dieser Trank kältet so sehr, dass es wenig Leute gibt, die ihn gebrauchen können; denn man hat durch Erfahrung befunden, dass er schädlich ist, und insbesondere den Weibsbildern Magenweh verursacht.
Die dritte Manier ist unter allen erzählten diejenige, die am meisten in Gebrauch ist, weil die Chocolade, auf solche Weise getrunken, nicht den geringsten Schaden bringt; und ich sehe keine Ursache, warum man sich ihrer in England nicht eben so wohl bedienen könnte wie in anderen sowohl kalten als auch warmen Ländern. Denn allerorten, wo sie am meisten getrunken wird, sei es in Indien, Spanien, Italien oder auch selbst den Niederlanden, welche doch ein kaltes Land sind, wird sie jedem Temperament zuträglich gefunden.
Ich muss zwar gestehen, dass man sich der Chocolade in Indien viel häufiger bedient als in Europa, weil man daselbst den Magenschwachheiten, welchen man mit einem guten Glase voll Chocolade abhilft, mehr unterworfen fühlt als allhier.
Ich für meine Person kann sagen, dass ich ganze zwölf Jahre aneinander dieselbige gebraucht habe, nämlich ein Glas des Morgens, eins vor der Mittagsmahlzeit um neun oder zehn Uhr, eines eine Stunde oder zwei nach Tisch, und endlich eines um vier oder fünf Uhr nachmittags. Wenn ich aber am Abend studieren wollte, so trank ich um sieben oder acht Uhr noch ein Glas, womit ich es leicht schaffen konnte, bis Mitternacht zu studieren.
Wenn ich aber aus Nachlässigkeit zu genannter Zeit das Trinken unterließ, so empfand ich bald ein Blödigkeit des Magens und eine kommende Ohnmacht. Und auf diese Weise habe ich die ganzen zwölf Jahre in selbigen Ländern in vollkommener Gesundheit gelebt und niemals von Verstopfungen, Fieber oder anderer Unpässlichkeit Ungelegenheit gehabt.
Gage, Thomas
Neue merkwürdige Reise-Beschreibung nach Neu-Spanien. Was ihm daselbst begenet und wie er durch die Provintz Nicaragua wieder zurück nach Havanna gekehret
Leipzig 1693
Abgedruckt in:
Keller, Ulrike (Hg.)
Reisende in Mexiko
Wien 2003