Reiseliteratur weltweit

Geschichten rund um den Globus

1764 - Louis-Antoine de Bougainville
Die ersten Siedler
Falklands/ Malwinen

Den 15. September 1763 ging ich von Saint Malo unter Segel, und nachdem wir einmal auf der Insel St. Katharina an der brasilianischen Küste und das andere Mal zu Montevideo, wo wir viele Pferde und Rindvieh mitnahmen, eingelaufen waren, langten wir den 31. Januar 1764 bei den Sebaldsinseln an. Als sich zwischen der nordwestlichen Spitze und den Inseln kein guter Ankerplatz fand, fuhr ich gegen Norden bis an die östliche Spitze und lief den 3. Februar in eine große Bai ein, welche mir zur Anlegung einer neuen Kolonie bequem zu sein schien.
   Meine Gefährten dachten ebenso wie Hawkins, Woodes Rogers und andere, dass die ganze Insel mit Wäldern besetzt wäre. Wir nahmen aber beim Landen mit Verwunderung wahr, dass der Wald auf dem Küstenstreifen nichts anderes war als sehr hohes und dicht beieinander wachsendes Rohr. Wenn der Stiel oder Halm vertrocknet, so nimmt er, auf drei Ellen hoch, die Farbe des verwelkten Grases an, und oben wächst ein dickes und sehr hohes Rohr von grüner Farbe heraus, so dass es von weitem wie ein Wald von mittleren Bäumen aussieht. Dieses Rohr wächst nur am Ufer des Meeres und auf den kleinen Inseln. Die Berge im Lande sind stellenweise ganz mit allerlei Gesträuch bedeckt, welches man aus der Ferne leicht für hohe Bäume ansehen kann.
   Ich schickte in alle Gegenden der Insel Leute aus und ging selbst mit, um die Insel zu untersuchen; wir fanden aber weder Waldungen noch Spuren, dass hier jemals Menschen gewohnt hätten. Ich entdeckte hingegen eine Menge des schönsten Torfs, welcher den Mangel der Feuerung zum Kochen und zur Schmiedearbeit ersetzen konnte. Große, weite Ebenen waren von kleinen Flüssen mit dem klarsten Wasser durchschnitten. Übrigens bot die Natur zum Unterhalt des Menschen nichts als den Fischfang und allerlei Land- und Wasserwildbret dar. Das Wildbret war in großer Menge vorhanden und leicht zu fangen. Es gab uns ein sonderbares Schauspiel, denn bei unserer Ankunft näherten sich die Tiere als die einzigen Bewohner der Insel, ohne sich zu fürchten und sahen uns gleichsam als ungewohnte Gegenstände mit neugierigen Augen an. Die Vögel ließen sich mit Händen greifen, einige setzten sich aus freien Stücken auf die Menschen nieder. Dies ist ein Beweis, dass der Mensch kein so wildes Aussehen hat, dass die schwachen Tiere durch den bloßen Instinkt ihn als das Wesen fliehen sollten, das sich von ihrem Blute nährt. Dies Zutrauen währte aber nicht lange, sie lernten bald, ihren Feinden und Mördern zu misstrauen.
   Den 17. März bestimmte ich den Ort, wo die neue Kolonie angelegt werden sollte. Sie bestand anfangs nur aus 27 Personen, darunter waren 5 Weiber und 3 Kinder. Ich ließ ihnen gleich Hütten, mit Schilf bedeckt, bauen, ein Magazin und ein kleines Fort anlegen, in dessen Mitte ein Obelisk errichtet wurde. Auf dessen einer Seite sah man das Bildnis Ludwigs XV., und darunter wurden verschiedene Münzen und eine Medaille eingegraben. Auf der einen Seite war das Datum der Unternehmung eingraviert, auf der anderen sah man des Königs Bildnis und folgende Worte als Inschrift: Tibi serviat ultima Thule. Auf dem Revers las man folgende Schrift: Ansiedlung auf den Malouinischen Inseln unter 51 ° 39' südlicher Breite und 60° 50' westlicher Länge vom Meridian von Paris, durch die Fregatten Adler und Sphinx, ausgerüstet von Louis-Antoine de Bougainville, als dem Anführer dieser Expedition. Das dabei angelegte Fort und der mit dem Medaillon Ludwigs XV. gezierte Obelisk ist nach den Plänen des Kriegsbaumeisters A. L'Huilier, welcher bei dieser Unternehmung gedient, gebaut worden, als der Herzog von Choiseul Minister war, im Februar 1764.
   Und als Inschrift: Conamur tenues grandia.
   Um den neuen Anbauern Mut und Hoffnung auf die ihnen versprochene baldige Hilfe zu machen, entschloss sich Kapitän Nerville, als ihr Anführer hier zu bleiben und mit ihnen die Gefahr einer schwachen Kolonie zu teilen, die in einem Winkel der Welt und so weit gegen den Südpol angelegt war, wie es bisher noch niemand gewagt hatte. Den 5. April 1764 nahm ich feierlich von der Insel im Namen des Königs von Frankreich Besitz und segelte den 8. nach Frankreich zurück.
   Den 5. Januar 1765 sah ich meine Kolonisten wieder und fand sie gesund und zufrieden. Nachdem ich alles, was ich an Bedürfnissen mitgebracht hatte, ausgeladen hatte, ging ich in die Magellanische Meerenge, um ein Ladung Bauholz und junge Bäume zum Anpflanzen zu holen, und eröffnete also eine neue Schifffahrt, welche unumgänglich notwendig war, wenn meine neue Kolonie bestehen sollte. Bei dieser Gelegenheit fand ich die Schiffe des Kommodore Byron, welcher vom englischen Hof abgeschickt war, die Malouinischen oder von den Engländern Falklands genannten Inseln zu untersuchen und durch die Magellanische Straße in die Südsee ging. Bei meiner Abreise am 27. war die Kolonie 80 Personen stark neben den Offizieren.
   Im Jahre 1765 schickte der König den Adler und den Stern mit vielen Lebensmitteln und neuen Kolonisten dahin, welche dann zum Besten der Kolonie Holz in der Magellanischen Meerenge fällen mussten. Die Kolonie begann nunmehr in eine gewisse Ordnung zu kommen. Der Befehlshaber und der Aufseher. wohnten in bequemen Häusern aus Stein, und die übrigen Einwohner in Häusern mit Wänden aus Rasen. Man hatte drei Magazine für allgemeine und besondere Bedürfnisse angelegt und ein paar Fahrzeuge zur Untersuchung der Küsten gebaut. Das Holz dafür und für die Dächer der Häuser war aus der Magellanischen Meerenge geholt worden. Der Adler segelte diesmal mit einer Ladung von Öl und von zubereiteten Seewolfsfellen zurück. Man hat auch mit ziemlich gutem Erfolg allerlei aus Europa gebrachte Körner gesät, welche in dem hiesigen Boden gut fortkamen. Das Rindvieh vermehrte sich auch gut, und die Anzahl der Einwohner belief sich auf 150.
   Der Kommodore Byron war im Januar 1765 zu diesen Inseln gekommen, um sie untersuchen. Er landete westwärts von unserer Kolonie in einem Hafen, den wir den Hafen de la Croisade genannt hatten und nahm im Namen der Krone Englands Besitz von den Inseln, ohne jedoch Einwohner da zu lassen. Erst im folgenden Jahr 1766 schickten die Engländer eine Kolonie zu diesem Hafen und gaben ihm den Namen Egmont. Der Kapitän Macbride, welcher die Fregatte Jason kommandierte, kam in Dezember in unsere Kolonie und behauptete, dass die Insel England gehöre. Er drohte, wenn man es ihm verwehren wolle, würde er mit Gewalt an Land gehen; er besuchte den Befehlshaber und ging am selben Tag wieder unter Segel.
   In diesem Zustand waren die Malouinischen Inseln, als wir sie den Spaniern übergaben.

Bougainville, Louis-Antoine de
Reise um die Welt …
Leipzig 1783

Reiseliteratur weltweit - Geschichten rund um den Globus. Erlebtes und Überliefertes aus allen Teilen der Welt. Entdecker – Forscher – Abenteurer. Augenzeugenberichte aus drei Jahrtausenden. Die Sammlung wird laufend erweitert – Lesen Sie mal wieder rein!