1839 - John Lloyd Stephens
Der Kauf von Copán
Während Herr Catherwood zu den Ruinen ging, um seine Zeichnungen fortzusetzen, ritt ich ins Dorf und nahm Augustin [den Diener] mit, um durch ihn Lebensmittel zu etwas höheren Preisen zu kaufen als sie wert waren, und auch, um durch ihn balize’sche Kanonen abfeuern zu lassen. Mein erster Besuch galt Don José Maria. Nachdem ich ihn über unseren Charakter aufgeklärt hatte, [es grassierten wilde Gerüchte, S. und C. seien entflohene Gefangene oder Soldaten] brachte ich den Ankauf der Ruinen ins Gespräch. Ich sagte ihm, dass ich wegen meiner öffentlichen Tätigkeit nicht so lange hier weilen könnte, wie ich gern möchte, aber den Wunsch hätte, mit Spaten, Spitzäxten, Leitern, Brechstangen und Leuten zurückzukehren, eine Hütte als meine Wohnung aufzubauen und eine vollständige Durchforschung vorzunehmen; dass ich die Unkosten, auf die Gefahr hin, dass mir die Erlaubnis dazu verweigert werde, nicht übernehmen könnte, und fragte ihn dann kurzweg und geradeheraus: Wie viel wollen Sie für die Ruinen haben? Ich glaube, er wäre nicht überraschter gewesen, wenn ich gewünscht hätte, sein armes altes Weib, unsere rheumatische Patientin, zu kaufen, um an ihr die medizinische Praxis zu erlernen. Er schien nicht recht zu wissen, wer von uns beiden den Verstand verloren hatte. Das Besitztum war so ganz und gar wertlos, dass mein Wunsch, es zu kaufen, ihm sehr verdächtig erschien. Bei genauer Einsicht in seine Besitzurkunde ergab sich, dass er das Grundstück nicht zu eigen besaß, sondern es von Don Bernardo de Aguilar gepachtet hatte und die Pachtzeit erst in drei Jahren ablief. Die gesamte Fläche umfasste gegen 6.000 Morgen, wofür er achtzig Dollars jährlich zahlte. Don José war in Verlegenheit, was er tun sollte, sagte mir aber, er wolle die Sache überlegen, seine Frau zu Rate ziehen und mir den nächsten Tag eine Antwort in die Hütte bringen. Hierauf besuchte ich den Alcalden, der aber wiederum toll und voll und daher für keinen Eindruck empfänglich war; verschrieb dann für verschiedene Patienten, und statt zu Don Gregorio zu gehen, sandte ich ihm durch Don José Maria die höfliche Bitte, er möge sich selbst kümmern und uns ungeschoren lassen, kehrte zurück und verbrachte des Rest des Tages unter den Ruinen.
Während der Nacht regnete es, aber am Morgen klarte es wieder auf, und wir waren schon beizeiten auf dem Plateau. Mein Geschäft bestand darin, mit den Arbeitern umherzuziehen, Bäume und Büsche zu beseitigen , zu graben und überhaupt die Denkmäler in den Stand zu setzen, von Herrn Catherwood aufgenommen werden zu können. Während ich damit zu tun hatte, wurde ich von einem Besuch Don José Marias abgerufen, der noch immer unentschieden war, was er tun sollte, und dem ich, um nicht gar zu erpicht auf den Kauf zu erscheinen, sagte, er möchte sich nur Zeit nehmen und am nächsten Morgen wiederkommen.
Er kam richtig am andern Morgen wieder, und seine Lage war wahrhaft kläglich. Wohl war er begierig, ein nichts einbringendes Besitztum in Geld zu verwandeln, aber gleichzeitig auch besorgt, ich könnte als Fremder ihn in unangenehme Verwicklungen mit der Regierung bringen. Ich ließ mich abermals auf den Beweis meines offiziellen Charakters ein [S. war offizieller Gesandter der US-amerikanischen Regierung] und verpflichtete mich, dass ihm kein Leid von Seiten der Regierung geschehen solle, und wenn ja, so würde ich ihn davon befreien. Don Miguel las meine Empfehlungsbriefe und den Brief General Cascaras zum zweiten Male vor. Er war nun zwar überzeugt, allein diese Papiere gaben ihm kein Recht, sein Grundstück an mich zu verkaufen. Es schwebte noch immer ein Schatten des Misstrauens auf seiner Seele. Da machte ich schließlich meinen Reisekoffer auf und zog einen diplomatischen Rock an, der von großen Knöpfen mit dem Adler strotzte. Dies wirkte. Zwar trug ich einen vom Regen eingeweichten und mit Kot bespritzten Panamahut, ein kariertes Hemd, weiße lange Hosen, die bis zu den Knien herauf vom Schmutz gelb aussahen, und machte ungefähr so eine gute Figur wie jener Negerkönig, der eine Gesellschaft britischer Offiziere an der afrikanischen Küste in aufgestülptem Hut, Soldatenrock und ohne Inexpressibles empfing.; aber trotzdem konnte Don José Maria den Knöpfen auf meinem Rock nicht widerstehen, dessen Tuch das feinste war, das er je gesehen hatte. Auch Don Miguel, seine Frau und Bartolo erkannten nun die volle Wahrheit, dass sie ein großes Inkognito in ihrer Hütte hätten. Die einzige Frage war nun noch, wer das Papier zur Aufsetzung des Vertrages geben solle. Auf solche Kleinigkeiten kam es mir nicht an. Ich gab Don Miguel ein Blatt Papier, der unsere beiderseitigen Instruktionen entgegennahm und den nächsten Tag für den Vertragsabschluß festlegte.
Der Leser ist vielleicht neugierig zu erfahren, wie man in Zentralamerika alte Städte kauft. Gleich anderen Handelsartikeln richten sie sich nach der Menge am Markte und der Nachfrage. Da sie aber keine Stapelartikel wie Baumwolle und Indigo sind, so beherrschen sie reine Willkürpreise und gingen gerade damals sehr flau. So vernehme denn der Leser, dass ich für Copán fünfzig Dollar zahlte. Wegen des Preises gab es gar keine Schwierigkeit. Ich bot jene Summe, und Don José Maria hielt sie für so übermäßig hoch, dass ich darob in seinen Augen als Narr erschien. Hätte ich mehr geboten, er würde mich wahrscheinlich als noch schlimmer angesehen haben.
Stephens, John Lloyd
Reiseerlebnisse in Centralamerika, Chiapas und Yucatan
Leipzig 1854